Ein Vorstellungsgespräch ist aufregend, manchmal aber auch herausfordernd. Insbesondere unerwartete Fangfragen im Bewerbungsgespräch können Kandidatinnen und Kandidaten ordentlich ins Schwitzen bringen.
Warum stellen Personaler Fangfragen im Bewerbungsgespräch?
Der Begriff „Fangfragen“ klingt erst einmal bedrohlich, aber in Wahrheit dienen sie einem nachvollziehbaren und wichtigen Zweck: Recruiter möchten den Menschen hinter der Bewerbung kennenlernen und herausfinden, ob das Unternehmen und du wirklich zueinander passt.
Fangfragen zielen dabei in drei Richtungen:
- Motivation und Werte: Was sind die tatsächlichen Motive, persönlichen Werte und beruflichen Ziele des Kandidaten?
- Arbeitsweise: Wie geht der Bewerber mit unerwarteten Situationen, vor allem unter Druck und Stress, um?
- Potenzieller Mehrwert: Gelingt es dem Bewerber aufzuzeigen, was der Gewinn für das Unternehmen ist, diese Person einzustellen?
Verschiedene Arten von Fragen
Während die üblichen Bewerbungsfragen eher der Informationsrecherche dienen, testen Fangfragen im Bewerbungsgespräch die Persönlichkeit, das Denkvermögen und die Stressresistenz der Kandidaten. Oft werden im Gespräch verschiedene Arten von Fragen eingesetzt, z.B. Stressfragen, Schätzfragen und provokative Fragen.
Psychologische Fragen im Vorstellungsgespräch
Psychologische Fragen zielen darauf ab, mehr über die innere Welt des Bewerbers zu erfahren. Hier sind einige Beispiele:
Was ist Ihre größte Schwäche?
Diese Frage ist ein Klassiker! Die beliebtesten Fehler: Entweder zu behaupten, man habe keine Fehler – das wirkt nicht nur arrogant, sondern lässt auch zweifeln, ob du das Gespräch wirklich ernst nimmst. Oder Schwächen in vermeintliche Stärken umdeuten („Ich bin ungeduldig, aber dadurch bleibe ich immer motiviert, mein Bestes zu geben.“) Sorry, Personalentscheider kennen diese Ratgebertipps auch. Punkte lieber damit, dass du nicht nur eine tatsächliche Schwäche benennst, sondern zeigst, wie du an deiner Schwäche arbeitest und was du konkret tust, um dich zu verbessern. Zum Beispiel so: „Ich habe erkannt, dass mein Business-Englisch verbesserungsbedürftig ist. Deshalb habe ich vor drei Wochen eine Online-Weiterbildung begonnen und merke jetzt schon erste Erfolge. Bis zum Jobstart bin ich in allen wesentlichen Anwendungsbereichen wieder fit.“
Wie gehen Sie mit Kritik um?
Kritik ist nicht per se etwas Schlechtes, im Gegenteil: Konstruktive Kritik hilft uns dabei, zu erkennen, wo wir etwas an uns verändern und verbessern können. Zeig, dass du ehrliches und konstruktives Feedback schätzt und bereit bist, daraus zu lernen. Nenne ein Beispiel, wo du in der Vergangenheit aufgrund konstruktiver Kritik eine positive Veränderung umgesetzt hast.
Stressfragen im Vorstellungsgespräch
Stressfragen sind darauf ausgerichtet, Bewerber unter Druck zu setzen und ihre Reaktion (auch in der Körpersprache) zu beobachten. Mögliche Fragen wären z.B.:
Was war eine schwierige Situation, die Sie gemeistert haben?
Hier geht es nicht darum, eine spektakuläre Antwort zu liefern, sondern zu zeigen, wie du mit unerwarteten Situationen umgehst. Wähle für die Präsentation ein Beispiel aus deiner beruflichen Vergangenheit, bei dem du eine Herausforderung erfolgreich bewältigt hast. Beschreibe den Kontext, deine Handlungen und das positive Ergebnis. Zum Beispiel: „In meinem vorherigen Job mussten wir ein knappes Projektbudget einhalten. Ich habe durch umfangreiche Preisrecherchen das Materialbudget um fast 30 % unterschritten.“
Was motiviert Sie mehr als Geld?
Natürlich will niemand nur für ein Butterbrot arbeiten – aber dich sollte außer dem Gehalt noch mehr am neuen Job reizen. Betone hier auch andere Faktoren wie z.B. fachliche Weiterentwicklung, internationale Teamarbeit oder die Möglichkeit, etwas Sinnvolles zu tun.
Schätzfragen im Vorstellungsgespräch
Bei einer Schätzfrage soll der Bewerber eine ungefähre Schätzung abgeben muss, ohne genaue Informationen zur Verfügung zu haben.
Wie viele Tennisbälle passen in einen durchschnittlichen Kleinwagen?
Du könntest zum Beispiel überlegen, wie groß der Kofferraum des Autos ist, wie viel Platz die Tennisbälle einnehmen und wie eng sie gestapelt werden können. Deine Antwort könnte lauten: “Ich schätze, dass etwa 500 Tennisbälle in den Kofferraum eines durchschnittlichen Kleinwagens passen.” Denk daran, bei Schätzfragen in deinen Überlegungen transparent zu sein. Bei solchen Fragen geht es weniger darum, die exakte Antwort zu kennen, sondern vielmehr darum, deine Denkweise, Problemlösefähigkeit und Herangehensweise zu demonstrieren. Dementsprechend ist dein Umgang mit der Situation oft aussagekräftiger als die Antwort selbst.
Provokative Fragen im Vorstellungsgespräch
Provokative Fragen sollen dich aus der Reserve locken und deine Reaktion testen. Hier sind einige Beispiele:
Was schuldet ein Unternehmen seinen Mitarbeitern?
Spannende Frage, oder? Deine Antwort zeigt, wie deine Einstellung zur Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehung ist, was für eine Art von Firmenkultur du erwartest und welche Arbeitsumgebung du brauchst, um dich wohlzufühlen.
Was stört Sie an anderen Menschen?
Wo Menschen aufeinandertreffen, da kommt es manchmal zu Reibereien und Konflikten. Aber Hand aufs Herz: Wie oft sehen wir den Splitter im Auge des anderen und blenden unseren eigenen Balken aus? Deshalb sei diplomatisch und vermeide das Schlechtreden von ehemaligen Kollegen oder Vorgesetzten.
Warum haben Sie so oft den Job gewechselt?
Die Zeiten der „Kaminkarriere“, wo du in deinem Ausbildungsbetrieb auch deinen Rentenbescheid eingereicht hast, sind vorbei. Und deshalb kannst du ruhig und sachlich die Gründe für deine Jobwechsel erklären und darlegen, was du daraus gelernt hast.
Fazit: Darauf kommt es wirklich an
Wird dir eine Fangfrage im Bewerbungsgespräch gestellt, dann brauchst du nicht eingeschüchtert sein. Antworte spontan, denn Fangfragen im Vorstellungsgespräch zielen darauf ab, keine auswendig gelernten Mustersätze zu hören. Natürlich solltest du dich vor deinem Gespräch auch auf mögliche Fangfragen vorbereiten, aber verzichte darauf, dir komplette Antworten parat zu legen. Es geht für Personalverantwortliche darum, dich „ungefiltert“ kennenzulernen. Deshalb achte genau auf die Fragestellung, um sicherzustellen, dass du die Frage richtig verstehst und angemessen darauf reagieren kannst. Es gibt keine perfekte oder „richtige“ Antwort auf Fangfragen im Bewerbungsgespräch. Bleib du selbst!
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